Biodiversitätsauswirkungen der Ernährung in Deutschland
Erstmalig wurden die Auswirkungen der Ernährung in Deutschland auf Biodiversität ermittelt. Die Studie „So schmeckt Zukunft: Der kulinarische Kompass für eine gesunde Erde. Ernährung und biologische Vielfalt” wurde heute durch den WWF Deutschland veröffentlicht. Die Studie basiert auf einer Ökobilanz, die corsus – corporate sustainability GmbH für den WWF erstellt hat.
Wie wirkt sich die Ernährung in Deutschland auf die biologische Vielfalt weltweit und in Deutschland aus? Welchen Anteil am deutschen Fußabdruck Biodiversität haben verschiedene Lebensmittel? Was an unserer Ernährung wirkt sich besonders negativ auf Lebensräume und Arten aus? Wo gefährdet unsere Ernährungsweise die Biodiversität stark? Welche Chancen für den Schutz der biologischen Vielfalt stecken in veränderten Essgewohnheiten? Welche Potenziale zum Schutz der Biodiversität stecken in einer flexitarischen, vegetarischen oder veganen Ernährung, die sich an den planetaren Belastungsgrenzen ausrichtet? Diese Fragen werden in der Studie beantwortet.
Erst seit wenigen Jahren liegen Methoden vor, mit denen im Rahmen einer Ökobilanz die Auswirkungen auf die Biodiversität abgeschätzt werden können, die von Produkten und Dienstleistungen ausgehen. Im Rahmen der Studie für den WWF wurde die Wirkungsabschätzungsmethode von Lindner et al. (2019) genutzt. Die Methode bewertet die Qualität der für die Erzeugung der Lebensmittel genutzten Flächen und vergleicht sie mit der Qualität der ursprünglich auf der Fläche vorhandenen natürlichen Vegetation. Daraus ergibt sich eine Qualitätsdifferenz – die Biodiversitätsdifferenz (englisch: Biodiversity Value Increment – BVI).
Der Einfluss tierischer Lebensmittel (Fleisch- und Wurstwaren, Eier und Molkereiprodukte wie Milch oder Käse) ist bei den Auswirkungen auf die Biodiversität noch bedeutender als beim Flächenfußabdruck oder beim Klimafußabdruck. Insgesamt gehen 77 Prozent des Fußabdrucks Biodiversität auf das Konto tierischer Lebensmittel. Beim Flächenfußabdruck sind es 75 Prozent und beim Klimafußabdruck 69 Prozent. Dagegen liegt der Einfluss der pflanzlichen Lebensmittel auf den Fußabdruck Biodiversität nur bei 23 Prozent.
Biodiversitätsfußabdruck (links) und Flächenfußabdruck der Ernährung in Deutschland im Vergleich
Der hohe Einfluss tierischer Lebensmittel ist vor allem auf die Biodiversitätsauswirkungen des Sojaanbaus zurückzuführen, der mit 29 Prozent den mit Abstand größten Anteil am Fußabdruck Biodiversität hat, gefolgt von Weizen (15 Prozent) und Mais (12 Prozent). Die Auswirkungen durch den Sojaanbau sind deutlich höher, als es die Flächennutzung vermuten ließe und ungefähr doppelt so hoch wie die von Weizen (15 Prozent), obwohl die Flächennutzung durch Soja sogar etwas geringer ist. Dies erklärt sich vor allem dadurch, dass die Ökoregionen, in denen Soja angebaut wird (z. B. das Cerrado in Brasilien) als ökologisch wertvoller eingestuft werden als die Ökoregionen, in denen Weizen angebaut wird (z. B. die Mischwälder in Europa).
Die Biodiversitätsauswirkungen ließen sich erheblich reduzieren, wenn wir die Empfehlungen für eine sogenannte Planetary Health Diet – eine Ernärhung zum Wohle unseres Planeten – umsetzen würden. Bei einer flexitarischen Ernährung könnten der Biodiversitätsfußabdruck um 18 Prozent reduziert werden, bei einer vegetarischen Ernährung gar um 46 Prozent und bei einer veganen Ernährung um 49 Prozent.
Die größten Auswirkungen auf die Biodiversität unserer derzeitigen Ernährung werden in Europa, Südamerika und den USA verursacht. Die höchsten Auswirkungen liegen bei allen Ernährungsweisen in Deutschland, obwohl die Ökoregion-Faktoren der hier vorkommenden Ökosysteme relativ gering sind. Das erklärt sich dadurch, dass der mit Abstand größte Flächenanteil zur Erzeugung unserer nachgefragten Lebensmittel in Deutschland liegt.