corsus präsentiert Vergleich verschiedener Proteinquellen auf der 14. Internationalen Ökobilanzkonferenz für Lebensmittel in Barcelona

Vom 8. bis 12. September fand in Barcelona die internationale Konferenz zur Lebenszyklusanalyse von Ernährung (LCA Food 2024) statt. Sie gilt als eine der bedeutendsten internationalen Events zum Thema Umweltauswirkungen globaler Ernährungssysteme. Dort treffen sich sowohl die internationale wissenschaftliche Community als auch Akteur:innen aus Politik und Wirtschaft und informieren sich über die neuesten Entwicklungen in dem Themenkomplex der Ökobilanzierung (Life Cycle Assessment – LCA) von Lebensmittelsystemen. Die 14. Ausgabe der zweijährlich stattfindenden Konferenz stand dieses Jahr unter dem Motto „Healthy Food Systems for a Healthy Planet“.

Julian Quandt und Ulrike Eberle präsentierten einen Vergleich von Umweltauswirkungen verschiedener pflanzlicher und tierischer Proteinquellen auf Basis unterschiedlicher Referenzeinheiten (funktionelle Einheit).

LCA FOOD 2024

Dr. Ulrike Eberle, Geschäftsführerin von corsus, erläuterte am Beispiel alternativer Proteinquellen, dass die Wahl der funktionellen Einheit – die Bezugsgröße, auf die sich der Vergleich der Umweltauswirkungen bezieht – großen Einfluss auf das Ergebnis des Vergleichs hat. Die meisten Ökobilanzen vergleichen Produkte auf Basis einer massebasierten funktionellen Einheit. Dieser Vergleich hinkt jedoch in Bezug auf die Funktionalität der Lebensmittel – insbesondere, wenn unterschiedliche tierische und pflanzliche Proteinquellen miteinander verglichen werden. Denn Proteine sind, je nach Aminosäurezusammensetzung und Bioverfügbarkeit, unterschiedlich gut für den menschlichen Organismus verwertbar. Dieser Zusammenhang wird in den meisten Studien nicht berücksichtigt, da ausschließlich die Masse des Produkts zugrunde gelegt wird (beispielsweise der Vergleich zwischen einem Kilogramm (bzw. Liter) Haferdrink mit einem Kilogramm (bzw. Liter) Kuhmilch). Im Kontext alternativer Proteinquellen wird jedoch vielfach diskutiert, ob alternative Proteinquellen, wie z.B. pflanzliche Fleisch- und Milchalternativen, auch auf Nährstoffebene einen adäquaten Ersatz darstellen können. Der Einbezug nährstoffbezogener Parameter in die funktionelle Einheit wird in den meisten Studien jedoch nicht durchgeführt, obwohl dies zu komplett anderen Ergebnissen hinsichtlich der Umweltauswirkungen führen kann. Beispielsweise verursacht ein Haferdrink nur ein Drittel der Treibhausgasemissionen von Kuhmilch, wenn eine massebasierte funktionelle Einheit zugrunde gelegt wird. Bei einer funktionellen Einheit, die den Proteingehalt berücksichtigt, verursacht Haferdrink ein Drittel höhere Treibhausgasemissionen.

Beim Vergleich verschiedener Proteinquellen ist neben dem Nährstoff- und Proteingehalt auch die physiologische Verwertbarkeit der enthaltenen Proteine (Proteinqualität), sowie der Energiegehalt entscheidend. corsus hat eine funktionelle Einheit entwickelt, die sowohl die Energiedichte, die Nährstoffdichte als auch die Proteinqualität berücksichtigt und somit einen adäquaten Vergleich von Proteinen tierischer und nicht-tierischer Proteinquellen ermöglicht. Auch lassen sich hiermit verschiedene Darreichungsformen miteinander vergleichen. Es lässt sich z.B. ein Proteinpulver mit einem Proteindrink vergleichen, da der Wassergehalt sich zwar in der massebasierten Einheit widerspiegeln würde, nicht jedoch in der nährstoffdichtebasierten. Somit lassen sich auch potenzielle Quellen für Greenwashing minimieren.

Die vorgeschlagene funktionelle Einheit basiert auf dem sogenannten Nutrient Rich Food Index (NRF), der ein Maß für Nährstoffdichte ist und förderliche sowie nicht-förderliche Nährstoffe berücksichtigt. Die Proteinqualität wurde mittels des DIAAS (Dietary Indispensable Amino Acid Score) einbezogen, der von der FAO als Maß für die Proteinqualität empfohlen wird und die Verdaulichkeit und Verfügbarkeit essenzieller Aminosäuren berücksichtigt. Auf dieser Basis wurde der DIAAS adjustierte NRF entwickelt.

Julian Quandt, Senior Consultant bei corsus und Hauptautor der Studie: „Die Ergebnisse sind spannend. Es zeigt sich, dass die Umweltauswirkungen eines Sojadrinks für die meisten Kategorien um Längen geringer liegen als die von Kuhmilch und zwar auch dann, wenn man die Nährstoffgehälter und Proteinqualität beider Produkte einbezieht. Lediglich bei Biodiversität liegen sie im selben Bereich.“ Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Haferdrink. Auch dieser schneidet unter Einbezug von Nährstoffdichte und Proteinqualität bei nahezu allen Umweltauswirkungen deutlich besser ab als Kuhmilch.

Abbildung 1:       Prozentualer Unterschied der Umweltauswirkungen verschiedener Milchalternativen im Vergleich zu Kuhmilch

Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass die Wahl der funktionellen Einheit die Ergebnisse der Ökobilanz beeinflusst und dass die üblicherweise genutzte masse- oder proteinbasierte funktionelle Einheit in Bezug auf den Vergleich unterschiedlicher Proteinquellen zu falschen Schlussfolgerungen führen kann.

Die präsentierten Ergebnisse wurden im Rahmen des Projekts Alternative Proteine erarbeitet, das im Auftrag des Umweltbundesamts durchgeführt wird.

Wer mehr über die Konferenz erfahren möchte, findet hier weitere Informationen. Die Abstracts der vorangegangenen Konferenzen finden sie unter diesem Link.

Wir bedanken uns bei den Veranstalter:innen der LCA Food 2024, insbesondere beim IRTA und Montse Núñez, für die gelungene Konferenz und den sehr guten Austausch, eingebettet in die lebhafte Kultur und die historischen Gebäude einer geschichtsträchtigen Stadt.

corsus ist Partnerin für nachhaltige Ernährungssysteme

Nachhaltige Ernährungssysteme sind entscheidend für einen gesunden Planeten. Die Erkenntnisse der Konferenz fließen direkt in unsere weitere Arbeit zu wissenschaftlich fundierten und praxisnahen Lösungen ein. corsus wird den Diskurs hierzu auch weiterhin aktiv mitgestalten und politische Akteur:innen, Kommunen, Institutionen und Unternehmen dabei unterstützen, eine umweltverträgliche und gesundheitsfördernde, ethisch verantwortliche, alltagsadäquat gestaltete Ernährung umzusetzen, die sozio-kulturelle Vielfalt ermöglicht.

LCA FOOD 2024
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