EU-Omnibus gestoppt: Politische Dynamik bremst Vereinfachung von CSRD und CSDDD

Die politische Debatte um den sogenannten EU-Omnibus, die Verhandlungen zur Vereinfachung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD), ist in vollem Gange. Nachdem der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments eine Einigung durchgesetzt hatte, ist der Kompromiss nun im Plenum gescheitert. Mit 309 Stimmen dafür, 318 dagegen und 34 Enthaltungen lehnte das Europäische Parlament den Vorschlag ab. Damit ist klar: Eine direkte Aufnahme der Verhandlungen mit dem Rat wurde gestoppt. Die überarbeiteten Entwürfe werden in der nächsten Plenarsitzung vom 11. bis 13. November erneut diskutiert. Bis dahin können Änderungsanträge eingebracht werden – Teile des Kompromisses könnten also wieder geöffnet werden.

Politischer Druck auf das Parlament wächst

Der Abstimmung war ein massiver politischer Diskurs durch mehrere Mitgliedsstaaten gefolgt. Bundeskanzler Merz nannte das Abstimmungsergebnis „inakzeptabel“ und „einen fatalen Fehler, der korrigiert werden müsse“ – eine Äußerung, die deutlich macht, wie stark nationale Regierungen versuchen, Einfluss auf parlamentarische Entscheidungen zu nehmen. Gemeinsam mit anderen Regierungschefs forderte Merz in einem Schreiben an Rat und Parlament die „zügige Vereinfachung von CSRD und CSDDD“.

Auch Parlamentspräsidentin Roberta Metsola steht unter Druck. In einem Interview mit der Financial Times sagte sie: „Wir haben einen Brief von 22 Staats- und Regierungschefs erhalten, die sagen: ‚Bewegt euch!‘ – Wie soll ich das übersetzen?“

Uneinigkeit quer durch die Fraktionen

Das Scheitern des Votums zeigt: Die Mehrheitsverhältnisse im Europäischen Parlament sind fragil. Während Grüne und Sozialdemokrat:innen die vorgeschlagenen Vereinfachungen als zu weitgehend kritisierten, fordern rechte Fraktionen, das Regelwerk noch stärker abzuspecken. Auch innerhalb der liberalen und sozialdemokratischen Gruppen kam es zu Abweichungen.

Der konservative Berichterstatter Jörgen Warborn (EVP) zeigte sich enttäuscht und forderte eine Klärung der Positionen, um bis Jahresende zu einem Ergebnis im Trilog zu kommen. Vertreter:innen von NGOs und Wirtschaftsverbänden bewerteten das Ergebnis unterschiedlich: Während der BDI den Stillstand als Hemmnis für Rechtssicherheit kritisierte, sprach der WWF von einer „neuen Chance für ambitioniertere Nachhaltigkeitsstandards“.

Was bedeutet das für Unternehmen?

Für Unternehmen und Nachhaltigkeitsverantwortliche bedeutet die aktuelle Situation anhaltende Unsicherheit. Weder der Umfang der Berichtspflichten nach CSRD noch die konkreten Anforderungen der CSDDD stehen endgültig fest. Der Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft (BNW), bei dem corsus Mitglied ist, forderte, das Parlament solle die Gelegenheit nutzen, die Schwellenwerte für Berichtspflichten neu zu justieren – mit einem Kompromiss, der sowohl den Mittelstand entlastet als auch die Transparenz großer Unternehmen sicherstellt.

Wie blickt corsus auf die Debatte

Die vorherrschende Unsicherheit empfinden wir, als corsus, hinderlich für die Nachhaltigkeitstransformation. Unternehmen, die engagiert in Vorleistung gegangen sind, um geplante Regulierungen umzusetzen erhalten durch die sehr abgeschwächte Vorlage zu den Regelungen nicht mehr den Vorteil, den sie sich durch ihre Bemühungen und voraussichtliche Denkweise erarbeitet haben. Zudem bleibt skeptisch zu hinterfragen, ob ein derart abgeschwächter Entwurf zu den Lösungen globaler Herausforderungen wie der Klimakrise, der Biodiversitätskrise oder der Einhaltung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten beitragen könnte. Ein pragmatischer und gleichzeitig hilfreicher Entwurf steht wohl noch aus bzw. sollte das weitere Verhandlungsziel sein.

Das kommende Plenum im November wird entscheidend sein. Sollte keine tragfähige Mehrheit für den Omnibus-Kompromiss gefunden werden, droht eine weitere Verzögerung der EU-Nachhaltigkeitsgesetzgebung. Für die Praxis sehen wir trotzdem einen Trend: Unternehmen sollten weiterhin dranbleiben. Nachhaltigkeitsstrukturen aufzubauen benötigt Zeit – erst recht, wenn diese nicht nur dem Reporting, sondern der Verbesserung von Nachhaltigkeitsthemen und -leistungen im Unternehmen dienen sollen.

Wir bei corsus beobachten die politischen Entwicklungen weiterhin genau. Denn wir haben die Haltung: Egal ob mit oder ohne Omnibus, Nachhaltigkeit ist und bleibt wichtig. Und wir sind die verlässliche Partnerin, die bei der Umsetzung pragmatische und gute Lösungen aufzeigen kann.

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