Faire nachhaltige Beschaffung
In Deutschland wird etwa jeder sechste Euro durch die öffentliche Hand (Bund, Ländern und Kommunen) ausgegeben. Mit diesem Beschaffungsvolumen von über 350 Mrd. € im Jahr – das sind ca. 13% des Bruttoinlandprodukts – hat die öffentliche Hand einen entscheidenden Anteil an der Nachfrage nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen. Etwas mehr als die Hälfte der Ausgaben entfällt dabei auf kommunale Einrichtungen. Der Umstieg auf faire nachhaltige Beschaffung birgt hier großes Potenzial.
Ihre starke Marktmacht können öffentliche Einrichtungen nutzen, um eine ökologisch und sozial verantwortliche Produktion voranzubringen und eine Vorbildrolle für einen nachhaltigen privaten Konsum einzunehmen. In einigen Produktbereichen zeigt sich bereits, dass der Markt auf die veränderte Nachfrage reagiert und sich die Lebens- und Arbeitsbedingungen entlang der Lieferkette konkret verbessern. Die öffentliche Beschaffung ist damit ein Schlüsselfaktor für eine nachhaltige Entwicklung, um gerade in heutigen Zeiten den Blick auf Menschenrechte, Umweltverantwortung und Solidarität in den globalen Lieferketten und nicht nur auf Verfügbarkeit für uns zu lenken.
Nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzt ist die öffentliche Beschaffung ein wichtiges Handlungsfeld bei der Verpflichtung des Staates, die Menschenrechte zu schützen.
Die besondere Rolle der öffentlichen Beschaffung wird zudem auch in den Globalen Nachhaltigkeitszielen (Sustainable Development Goals, SDGs) herausgestellt. Es ist als wichtiges Kriterium benannt, nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster (SDG 12) zu schaffen. Zudem wird in SDG 12.7 explizit die öffentliche Beschaffung in den Blick genommen, so heißt es: In der öffentlichen Beschaffung nachhaltige Verfahren fördern, im Einklang mit den nationalen Politiken und Prioritäten.
Die Europäische Union vollzog 2014 eine Reform des Vergaberechts in Europa, mit der auch die nachhaltige öffentliche Beschaffung gestärkt wurde. Im Frühjahr 2016 wurden die EU-Richtlinien durch die Reform des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und der dazugehörigen Verordnungen in deutsches Recht umgesetzt. Wichtigste Neuerung in diesen Bestimmungen ist, dass Nachhaltigkeit als Vergabegrundsatz verankert wurde (GWB, § 97, Abs. 3). Dies sollte in weiteren Regelungen auf Landes- wie kommunaler Ebene nicht nur implizit, sondern ausdrücklich aufgenommen und umgesetzt werden. Soziale und ökologische Aspekte sind dabei als gleichrangige Dimensionen der Nachhaltigkeit in der öffentlichen Beschaffung zu berücksichtigen. Auch wurde mit der Vergaberechtsreform klargestellt, dass immaterielle Produkteigenschaften Merkmale des Auftragsgegenstandes sind (VgV, § 31, 3). Arbeitsbedingungen, Umweltschutzvorkehrungen bei der Herstellung oder entlang der gesamten Lieferkette sind jeweils Teil des Produktes, welches eingekauft werden soll.
Immer mehr Kommunen haben ihre Verantwortung und ihre Pflicht erkannt und achten beim Einkauf von Waren auf faire Produktionsbedingungen. corsus berät zahlreiche Kommunen dabei, gerade die faire nachhaltige Beschaffung im Verwaltungshandeln strategisch zu verankern und langfristig umzusetzen. Aktuell begleitet corsus diesen Prozess im Auftrag der SERVICESTELLE KOMMUNEN IN DER EINEN WELT für acht Kommunen in Deutschland.