Julian Quandt stellt sich vor
Vier Fragen an Julian Quandt, der seit Januar 2022 als Berater bei corsus tätig ist:
Was hast du gemacht, bevor du zu corsus kamst?
Bevor ich zu corsus kam, war ich hauptberuflich in verschiedenen europäischen und nationalen Forschungsprojekten bei der Fraunhofer Gesellschaft e.V. beschäftigt. Als Ingenieur in der angewandten Forschung reichte mein Aufgabenspektrum von der Anforderungserhebung über die Planung bis zur Entwicklung und Erprobung innovativer Lösungen. Dabei musste ich viele Entscheidungen treffen, die sich auf alle nachgelagerten Prozesse auswirken. Somit war es essentiell, immer den gesamten Kontext im Auge zu behalten. Aspekte der Nachhaltigkeit habe ich in die Entscheidungsprozesse so oft wie möglich einbezogen. Die interdisziplinäre Arbeitsweise und das breite Aufgabenspektrum haben mich besonders gereizt. Auf diese Weise konnte ich viele Erfahrungen zu Innovationsentwicklung, Digitalisierung und Nachhaltigkeit sammeln. Auch die Projektarbeit entwickelte sich immer mehr mit Themen wie Smart & Sustainable Agriculture und Nachhaltigkeit in KMU in Richtung Nachhaltigkeit. Auf einer Fahrradreise durch Südamerika habe ich dann den Entschluss gefasst, mich mit vollem Einsatz der Nachhaltigkeit zu widmen. Ein Studium der Nachhaltigkeitswissenschaften und eine sehr gute Abschlussarbeit zur ökobilanziellen Biodiversitätswirkungsabschätzung von Rohstoffen moderner Elektrofahrzeuge brachten mich dann zu corsus. Ich bin unglaublich froh, Teil dieses wunderbaren Teams zu sein und mich nun ausschließlich der Nachhaltigkeitsbewertung, der Ökobilanzierung und der Biodiversitätswirkungsabschätzung in verschiedenen Kontexten widmen zu können.
corsus berät zu Nachhaltigkeit. Was verbindest du mit Nachhaltigkeit?
Nachhaltigkeit bedeutet für mich der „Natur“ wieder ein Stück näher zu kommen, Zufriedenheit in der Genügsamkeit zu finden und als Gesellschaft eine Richtung einzuschlagen, die im Einklang mit unserer natürlichen Umwelt steht. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die alle etwas angeht und in die alle mit einbezogen werden müssen. Ob Mensch, Pflanze, Mikrobe oder Tier. Wir müssen uns klar machen, dass wir mit allem was wir tun, Einfluss nehmen aber auch Einfluss nehmen können. Wir können unsere Zukunft so gestalten, dass nicht nur wir, sondern auch alle anderen Generationen nach uns ein gutes Leben führen können. Dazu müssen wir die Dinge ganzheitlich betrachten, mögliche langfristige Folgen und Risiken in die Betrachtung mit einbeziehen, Verantwortung übernehmen und aus Fehlern lernen. Ich bin kein Freund davon, Schreckensbilder über die Zukunft zu verbreiten oder Schuldfragen zu beantworten. Mir geht es vielmehr darum, eine positive Vision zu schaffen und den Weg dorthin zu ebnen.
Gibt es ein Thema, das dir ganz besonders am Herzen liegt?
Besonders wichtig ist es mir, den Bezug zu unserer natürlichen Umwelt nicht zu verlieren, zu verstehen und zu hinterfragen, wo alltägliche Dinge herkommen und wie sie entstanden sind. Platt ausgedrückt: Die Milch kommt nicht aus dem Tetrapack, der Strom nicht aus der Steckdose und der Schrank nicht aus dem Möbelhaus. Hinter allem, was wir konsumieren, verbrauchen und benutzen, steckt am Anfang der Wertschöpfungskette ein natürliches Produkt, das wir der Natur entnehmen und solange umformen, bis daraus wird, was es ist. Wenn wir uns das immer wieder bewusst machen, gelangen wir hoffentlich zu dem Punkt, unsere natürliche Umwelt wieder mehr wertzuschätzen.
Klimawandel, Artensterben, Versauerung und alle weiteren negativen Auswirkungen des Anthropozäns sind in meinen Augen nicht ausschließlich die Folge bewussten Handelns. Ich glaube nicht, dass die Mehrheit der Menschen morgens aufsteht und zu sich sagt, „heute zerstöre ich den Planeten“. Wir müssen den Menschen als emotionales Wesen betrachten, mit individuellen Bedürfnissen und Herausforderungen. Aus diesem Grund hilft es auch nicht, einzelne beispielsweise wegen ihres Flugverhaltens zu verurteilen. Natürlich ist es gut, weniger oder gar nicht zu fliegen, auf Fleisch zu verzichten und kalt zu duschen. Natürlich müssen wir für die Folgen unseres Handelns sensibilisieren. Und natürlich haben auch Konsument:innen eine Verantwortung. Das Problem hat allerdings eine weitere Komponente: Wenn wir wirklich etwas ändern wollen, dann müssen Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit, Klima- und Artenschutz attraktiver und integrativer Bestandteil unseres täglichen Handelns werden. Kurz gesagt: Es muss sich lohnen, im Supermarkt die nachhaltigere Alternative zu wählen oder die Bahn dem Flugzeug vorzuziehen.
Woran arbeitest du gerade bei corsus?
Ich bin momentan mit mehreren Projekten betraut, die sich um die Nachhaltigkeitsbewertung von Produkten und Wirtschaftszweigen drehen. Ein Projekt wird vom Bundesumweltministerium gefördert und dreht sich um die Nachhaltigkeitsbewertung von Lebensmitteln in verschiedenen Zielregionen. Die Entwicklung eines Tools zur Bewertung und zielgruppengerechten Kommunikation der Umweltauswirkungen ist das Hauptziel des Projekts. Momentan befasse ich mich damit, Informationen zu den Umweltauswirkungen von Hülsenfrüchten, Fischereierzeugnissen und Milchalternativen zusammenzutragen.
Das andere Projekt befasst sich mit Biodiversitätsrisiken entlang von Lieferketten. Ziel ist es, potentielle Biodiversitätsrisiken in der Wertschöpfungskette für mehrere Branchen ausfindig zu machen, zusammenzustellen und Strategien zur Risikominimierung zu erarbeiten. Nachdem wir uns kürzlich auf die Branchen Fahrzeugbau, Futtermittel, Öle & Fette und Fischerei & Aquakulturen festgelegt haben, geht es nun darum, Daten zu beschaffen und geeignete Bewertungsmethoden heranzuziehen. Im Moment evaluieren wir die Datenverfügbarkeit zur Durchführung von Environmentally Extended Input Output Analysen (EEIO) für die oben genannten Branchen. Als Grundlage dienen uns dafür Multi-Regionale Input Output Tabellen.