Marius Rödder im Interview zu seiner Mitarbeit auf einem spanischen Biohof

Marius Rödder hat im Mai und Juni zwei Monate auf einem Biohof im Süden Spaniens verbracht und dort mit angepackt. Im Interview erzählt er, was er gemacht hat und was ihn motiviert hat, das Büro vorübergehend gegen einen Orangenhain einzutauschen.

Wo genau warst du und was hast du dort gemacht?

Ich war im Tal von Ricote in der landwirtschaftlich geprägten Provinz Murcia im Süden Spaniens. Dort habe ich nach neuen Eindrücken und Einblicken abseits des Bildschirms gesucht.

Im Tal von Ricote werden schon seit vielen Jahrhunderten Nahrungsmittel angebaut. Eine wichtige Rolle haben früher dabei die Mauren gespielt. Sie haben einst angefangen, das Tal mithilfe raffinierter Methoden zu bewirtschaften und haben zum Beispiel Kanäle, Terrassen und Aquädukte angelegt. Seitdem spielen Fruchtkulturen eine wichtige Rolle in der Region. So auch auf der kleinen Farm La Era de Oxox im schönen Örtchen Ojós. Dort werden auf terrassenartig angelegten Flächen am Rande des Flusses Segura insbesondere Orangen und Zitronen angebaut, dazu außerdem weitere Früchte wie Pfirsiche und Aprikosen. Meine Aufgaben waren sehr vielfältig, aber hauptsächlich habe ich Orangen geerntet und bei der Bewässerung der Flächen mitgewirkt. Zur Vorbereitung werden auf den Flächen die Beikräuter beschnitten, die dann als Gründünger den Boden mit Nährstoffen versorgen und vor der Austrocknung bewahren. Um die Baumstämme herum werden mit Ästen, Stöcken und Grünschnitt breite „Nester“ gebaut, die ebenfalls dem Rückhalt von Feuchtigkeit im Erdreich dienen, das unmittelbar die Baumwurzeln umgibt. Anschließend wird das Wasser Abschnitt für Abschnitt auf die Flächen geleitet, wo es dann zügig versickert und den Bäumen ermöglicht, den heißen, trockenen Sommer zu überstehen.

Was war für dich das Eindrücklichste an deiner Zeit in Spanien?

Da ist zunächst die Landschaft, die wirklich traumhaft schön ist und eben ganz anders als in Norddeutschland. Die Menschen hier müssen – wie überall in Südspanien – mit ganz anderen Temperaturen umgehen, was natürlich auch den Tagesrhythmus prägt. Es bestimmt, wann welche Arbeiten erledigt werden können – insbesondere auch auf dem Feld, wo man ziemlich unmittelbar der Sonne ausgesetzt ist. Viele Aspekte dieser Arbeit und wie die Menschen miteinander und mit den teils spärlichen Ressourcen umgehen, sind sehr interessant und hochgradig komplex. Da ist einerseits eine große Solidarität und Hilfsbereitschaft der Menschen vor Ort. Andererseits schwelen aber auch Konflikte um die Verteilung des Wassers. Dies ist insbesondere mit denjenigen Bauern und Bäuerinnen der Fall, die großflächige, hochintensive Landwirtschaft außerhalb des vergleichsweise beengten Tals betreiben und dem Fluss viel Wasser entnehmen. Auch die Arbeitsbedingungen von Menschen, die als illegale Einwanderer:innen in vielen Betrieben teils grausamer Ausbeutung ausgesetzt sind, waren Thema am Essenstisch. Wenn man sich inmitten einer Region befindet, die insbesondere auch für den deutschen Markt (zu) günstiges Obst und Gemüse in großen Mengen produziert, wirken solche Erzählungen nochmal anders.

Wie beeinflusst der Aufenthalt deine Arbeit bei corsus?

Für mich sind die unmittelbaren Einblicke und das direkte Erleben der Landwirtschaft vor Ort eine sehr wertvolle Ergänzung für meine Arbeit. Zwar machen wir im Rahmen der Erstellung von Ökobilanzen auch immer mal wieder Besuche bei Landwirten, aber zumeist modellieren wir Daten, die wir nicht selbst vor Ort erhoben haben, sondern von unseren Kund:innen erhalten. Direkte Eindrücke auf der Agrarfläche und von den Erzeuger:innen zu erhalten, ist also nicht die Regel. Vor Ort zu sein hilft nicht nur dabei, sich noch besser in Produktionsprozesse hineindenken zu können, sondern auch, noch bessere Fragen bei der Sammlung von Daten und ihrer anschließenden Modellierung zu stellen. Dass corsus als Arbeitgeberin den Mitarbeitenden ermöglicht, diese Erfahrungen vor Ort zu sammeln, ist in meinen Augen darum ganz besonders wertvoll.

Blick auf die Farm La Era im Tal von Ricote

Orangenhain auf der Farm La Era

Biofarm La Era

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